Irritation in der Energiebranche

Wir leben heute in einer äußerst verwirrenden Zeit: Der eine sagt hü, der andere hott, erst heißt es so, dann wieder anders. Dies gilt ganz speziell auch für die Energiebranche, wo wir dieser Tage regelmäßig mit neuen Meldungen konfrontiert werden, die alte, lange geltende Wahrheiten konterkarieren, was schon bei manchem Experten zu Verwirrungen geführt hat.
Hiermit ist zunächst natürlich die Abwende von der Energiewende gemeint, also die Wende der Bundesregierung, die in diesem Frühjahr beim Thema Energie auf die Wende vom Herbst 2010 folgte. Die betrifft ja aber mittlerweile nicht mehr allein die Atompolitik, wie es zunächst den Anschein hatte, sondern auch die Förderpolitik (EEG). Denn Mitte Juni hieß es plötzlich seitens der Koalition, die Kürzung in der Photovoltaikförderung werde wieder zurückgenommen. Die Abwende von der Solarunterstützung wurde somit also noch rechtzeitig abgewendet.
Irritationen gibt es aber auch in der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Branche: So schien es in den vergangenen Monaten, als habe sich das Interesse der Automobilindustrie und auch der Medien ganz der Elektromobilität – insbesondere den Batteriefahrzeugen – zugewandt. Viele Analysten betrachteten diesen Trend als Abwende von der Brennstoffzellentechnik. So hieß es exemplarisch am 16. Juni beim ZDF vom so genannten Autoexperten Frank Schwope von der Norddeutschen Landesbank (NordLB): „Der Brennstoffzelle kommt grundsätzlich keine Bedeutung zu.“ Weiter behauptet Schwope, verschiedene Autobauer hätten sich aus der Entwicklung weitgehend zurückgezogen. Im gleichen Bericht sagt demgegenüber Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer, ebenfalls Autoexperte, die Batterie und die Brennstoffzelle werden sich ergänzen, „wobei langfristig die Bedeutung der Brennstoffzelle stark steigt.“ Läuft hier nun also gerade eine Hin- oder Abwendung von beziehungsweise zu Brennstoffzellen?
Für weitere Verwirrung sorgt, wenn es einerseits von Daimler heißt, der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur und auch die Kommerzialisierung der BZ-Autos werde vorgezogen (s. HZwei Juli-Heft S. 37), während andererseits von der Clean Energy Partnership offiziell verkündet wird, die H2Mobility-Infrastrukturaktivitäten könnten sich um ein oder zwei Jahre nach hinten verschieben (s. S. 8).
Auch im nicht-automobilen Sektor häufen sich derart widersprüchliche Meldungen: Einerseits scheint niemand mehr Interesse an der MCFC-Technik des HotModuls zu haben (s. S. 5), andererseits überrascht Heliocentris mit der Übernahme der Münchener Firma P21 (s. S. 6). Oder nehmen wir die H2Expo (s. S. 14): Ist es nun positiv zu bewerten, dass dieses Hamburger Branchentreffen nach langer Pause endlich wieder stattgefunden hat? Oder ist es doch eher negativ, dass man sich als Besucher fragen muss, wie der Veranstalter auf 1.000 Teilnehmer kommt, wenn man selbst nur einen Bruchteil davon vor Ort gesehen hat und vor zweieinhalb Jahren nach Veranstalterangaben noch 1.400 Personen vor Ort gewesen sein sollen? Und warum gibt es noch keinen Termin für die nächste H2Expo?
Derartige Signale können verwirren, können aber auch widerspiegeln, dass sich derzeit viel bewegt, dass viel analysiert und viel über neue Wege nachgedacht wird. So wurde beispielsweise noch nie zuvor in der Energiebranche derart offen über innovative Konzepte wie zum Beispiel „Wind-Wasserstoff“ und „Methanisierung“ diskutiert (s. S. 16). Zudem steigen derzeit große Konzerne (wieder) in die Wasserstoff- und Elektromobilitätstechnologie ein (z.B. Bosch & Siemens, s. S. 4, 10, 18) und senden damit deutliche Signale, wohin ihrer Meinung nach die Reise gehen soll.
Fest steht, dass sich trotz derartiger Irritationen bei all diesen Meldungen im Bewusstsein der Akteure und auch der Öffentlichkeit manifestiert, dass Energie in Zukunft eine sehr viel gewichtigere Rolle in der Politik und auch in der Gesellschaft spielen wird. Das hat nicht zuletzt auch der zweite Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität gezeigt (s.S. 28). Etwas Bewegung kann da nur gut tun.

25 Jahre von und mit Peter Hoffmann

1986 – 2011 The Hydrogen & Fuel Cell Letter
The Hydrogen & Fuel Cell Letter (HFCL), das Partnermedium der HZwei aus den USA, feiert in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag. Wir gratulieren an dieser Stelle Peter Hoffmann und seiner Frau Sarah ausdrücklich zu diesem Jubiläum und danken für ein ganzes Vierteljahrhundert mühevoller H2- und BZ-Öffentlichkeitsarbeit.
http://www.hfcletter.com

Zunehmendes Interesse an Elektrolyseuren

Das neu aufkeimende Interesse an Elektrolysesystemen zeigte sich auch auf dem Elektrolyse-Workshop, den die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) am 9. Mai 2011 in Berlin abhielt. Anlass war die Vorstellung der Ergebnisse einer Auftragsstudie („Stand und Entwicklungspotenzial der Wasserelektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff aus regenerativen Energien“), die das Fraunhofer ISE im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit FCBAT für das NOW erstellt hat. In ihr wurden der Stand der Technik, die Erfahrung bei der Kopplung der Wasserelektrolyse mit erneuerbaren Energien und die aktuellen Akteure in diesem Bereich beschrieben und bewertet. Außerdem wagt die Studie eine Prognose der Elektrolyseentwicklung bis ins Jahr 2030.
Das überaus rege Interesse an der Veranstaltung und dem Bericht belegt, dass ein enormer Bedarf an mehr Informationsaustausch besteht. Die Studie machte deutlich, dass in der konventionellen Elektrolyseurtechnik innerhalb der letzten Jahrzehnte kaum eine Weiterentwicklung stattgefunden hat. Dr. Tom Smolinka vom Fraunhofer ISE erklärte: „In Deutschland ist die Elektrolyseurentwicklung nahezu zum Erliegen gekommen.“ Nach seinen Schätzungen gibt es bei den Entwicklern weltweit nur 500 Arbeitsplätze im Bereich alkalischer und 200 bei PEM-Elektrolyseuren. Aufgrund der hohen Kosten verglichen mit anderen Wasserstoffherstellungsverfahren war kaum in diese Technik investiert worden. Die Europäische Union habe jedoch mittlerweile erkannt, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, und über das JTI neue Ausschreibungen – auch für Hochtemperatursysteme – aufgesetzt. Smolinka empfahl daher eine „Reaktivierung der Forschungslandschaft.“
Über diesen Workshop wurde auch im Rahmen der diesjährigen DWV-Mitgliederversammlung am 19. Mai in Schwieberdingen lebhaft diskutiert. Verbandsvertreter signalisierten daher, sich diesem Thema zukünftig noch stärker widmen zu wollen.
Download der Workshop-Vorträge: www.now-gmbh.de

Peter Sauber feiert Firmenjubiläum

Der diesjährigen f-cell geht ein besonderes Jubiläum voraus: Im Juli 2011 feiert der Organisator Peter Sauber sein 25-jähriges Firmenbestehen. Seit einem Viertel Jahrhundert ist der Schwabe mittlerweile selbständig, und es steht gut um sein Unternehmen: Vor fünf Jahren gründete er eine GmbH, vor zweieinhalb Jahren bezog er neue Geschäftsräume in Stuttgart-Vaihingen nahe der Universität. Während der diesjährigen f-cell, die am 26. und 27. September in Stuttgart stattfindet, stehen dann für Peter Sauber wieder in bewährter Manier die Aussteller, Referenten und Besucher im Mittelpunkt des Interesses.
In diesem Jahr erwartet die Peter Sauber Agentur Messen und Kongresse GmbH, die das 11. Brennstoffzellen-Symposium wieder gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) veranstaltet, wieder 800 Teilnehmer. Im Haus der Wirtschaft werden etwa 50 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungen präsentieren. Rund 70 Referenten berichten dann in zwölf Foren über neuste Entwicklungen aus den Bereichen Wasserstoff, Brennstoffzellen und Elektromobilität. Von besonderem Interesse dürfte auf dem Kongress der Vortrag von Prof. Bernd Höhlein von der EnergieAgentur.NRW sein. Er wird auf Kosten, die in Verbindung mit der Nutzung von Wasserstoff in Brennstoffzellenfahrzeugen anfallen, eingehen. Außerdem will Dr. Manfred Waidhas die Pläne von Siemens zur großtechnischen Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse vorstellen: „Wasserstoff ist das einzige Energiespeichermedium, das auch bei Energie mit einer Leistung von über zehn Gigawattstunden noch funktioniert.“ Der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V. (DWV) und die Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH (LBST) werden in ihren Vorträgen das DWV-Wasserstoff-Sicherheits-Kompendium vorstellen und Dr. René Zimmer die Ergebnisse der HyTrust-Bürgerkonferenz.
Aus dem Ausland wird unter anderem Dr. Alan Lloyd, Präsident des International Council on Clean Transportation, aus San Francisco ins Haus der Wirtschaft kommen und über dortige Mobilitätskonzepte berichten. Aus Japan wird Prof. Masahiro Watanabe von der Universität Yamanashi, Kofu, mit dabei sein. Auch aus China, Kanada, Skandinavien sowie Südafrika werden Referenten berichten. Über die neue Ausrichtung der Landespolitik wird Franz Untersteller, Baden Württembergs Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Bericht erstatten. Es ist das erste Mal, dass ein Grünen-Politiker dieses Ressort leitet und auf der f-cell vorstellig wird.
Das diesjährige Motto lautet: „Mobile Anwendungen – Brennstoffzellen und Batterien bewegen die Zukunft.“ Dazu erklärte WRS-Geschäftsführer Dr. Walter Rogg: „Autohersteller setzen heute gleichermaßen auf batterie-elektrische Antriebe, Brennstoffzellen und Hybride. In Fortsetzung der Modellregion Elektromobilität des Bundes will die Region Stuttgart auch künftig eine wichtige Rolle bei den neuen Antrieben spielen.“ Neben Berlin und Ulm will somit auch Stuttgart ein NPE-Schaufenster werden. Peter Sauber ergänzte: „Schon bald sollen Wasserstoffautos auf unseren Straßen fahren, das geht nur, wenn es bis dahin auch die entsprechenden Tankstellen gibt. Der Wasserstoffherstellung und -infrastruktur ist daher ein eigenes Themenforum auf der f-cell gewidmet.“ Es kann also damit gerechnet werden, dass einer der Mitverantwortlichen über erste Details bezüglich des von Daimler und Linde kürzlich angekündigten Aufbaus von 20 neuen H2-Stationen berichten wird.
Darüber hinaus wird es natürlich auch in diesem Jahr wieder am ersten Veranstaltungstag eine Abendveranstaltung geben, während der die f-cell awards verliehen werden, sowie Exkursionen und Ride&Drive-Möglichkeiten.

Elektrisch Tanken

Elektrofahrzeuge werden möglicherweise in naher oder ferner Zukunft das Bild auf unseren Straßen prägen. In Anbetracht der Tatsache, dass mit der stetig wachsenden Umweltverschmutzung nicht zu spaßen ist und einem jeden Autofahrer bewusst sein sollte, welchen Schaden er der Umwelt, auch nur durch seinen eigenen kleinen Beitrag, mit dem Ausstoß von Abgasen zufügt, ist die wachsende Zahl an Hybrid- und Elektrofahrzeugen auf den Straßen zu begrüßen.
Hybridfahrzeuge sind inzwischen, wenn auch im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotor gering, keine Seltenheit mehr. Jährlich kommen immer neue Modelle auf den Markt. Und auch Elektroautos sollen in Zukunft immer häufiger werden. So verspricht beispielsweise Honda für das Jahr 2013, ein reines Elektroauto herauszubringen. Dieser Plug-In-Hybrid verfügt über einen Akku, der problemlos an einer Steckdose aufgeladen werden kann. Wie derzeit geplant ist, wird dieses Modell, die neue Generation des Civic Hybrid, zunächst aber nur in Japan und den USA erscheinen. Die Frage, wann ein ähnliches Vehikel auch in Europa auf den Markt kommt, bleibt offen. Jedoch sind auch hier schon Alternativen zum herkömmlichen Auto zu erhalten, wie beispielsweise der Honda CR-Z oder der Honda Jazz Hybrid.
Doch es reicht natürlich nicht nur, Elektroautos herauszubringen. Es müssen selbstverständlich auch an so vielen Orten wie möglich, dementsprechende Ladestationen geschaffen werden, um den reibungslosen Verkehr zu gewährleisten. Keinem ist ja genutzt, wenn das rein elektrische Fahren möglich gemacht wird, die Autos dann aber reihenweise auf der Strecke stehen bleiben, weil ihnen der Strom ausgeht.
So wird in den kommenden Jahren wahrscheinlich viel Energie in den Aufbau einer Ladeinfrastruktur gesteckt werden. Erst kürzlich nahm enercity eine Ladestation in Hannover in Betrieb. Hier soll man nun ab 2013 problemlos und zudem noch kostenlos Autostrom tanken können. Dazu braucht man zunächst einmal eine bestimmte Tankkarte, die im Internet erhältlich ist. Laut enercity werden laufende Stromkosten bis Ende des Jahres 2013 nicht berechnet. Man ist nicht einmal gezwungen, eine solche Karte käuflich zu erwerben. Wer nur gelegentlich eine solche Ladesäule nutzen möchte, kann sich auch während der Öffnungszeiten eine Tankkarte im Kundencenter von enercity ausleihen.
Dies ist wahrscheinlich nur der Anfang einer ganz neuen Kultur des Tankens. Wenn sich die Elektroautos in ein paar Jahren auf den Straßen vermehren, so wird man auf immer mehr elektrische Tankstellen treffen und diese bald vielleicht als selbstverständlich ansehen.
Autor : Bastian Weber