Hyzon Motors – Interessante Kombinationsmodelle denkbar

Hyzon Motors – Interessante Kombinationsmodelle denkbar

In den vergangenen Tagen hat Hyzon an zwei Investorenkonferenzen teilgenommen. Das Volumen der gehandelten Aktien stieg danach rasant auf bis zu 11 Mio. Aktien/Tag an, wobei der Kurs einer sehr großen Volatilität ausgesetzt ist – Tagesschwankungen von bis zu über 20 Prozent. Vorausgegangen war eine Nachreichung der Unternehmensbilanzen der vergangenen zwei Jahre, um wieder mit den Abgabefristen im Einklang zu stehen. Per Ende Mai verfügte Hyzon noch über liquide Mittel in Höhe von über 180 Mio. US-$, was nicht sehr weit vom aktuellen Börsenwert von 230 Mio. US-$ entfernt liegt. Nun muss der Aktienkurs nachhaltig über die Kursmarke von 1 US-$ ansteigen, um nicht von der Nasdaq (Delisting) genommen zu werden.

Hyzon Motors setzt auf hauseigene Brennstoffzellen und produziert die Stacks wie auch wichtige Komponenten in den USA. Im Gegensatz zu Nikola Motors hat das in New York ansässige Unternehmen kein eigenes Lkw-Design entwickelt, sondern setzt auf Systemintegratoren wie die US-amerikanische Fontaine Modification, die unterschiedliche Chassis einsetzen. Diese bauen immerhin über 40.000 Lkw jährlich um – auch für Unternehmen wie Ford batterieelektrische – und unterhalten 40 Niederlassungen. Fontaine Modification gehört zu Marmon Holdings (über 100 Unternehmensbeteiligungen mit zusammen über 10 Mrd. US-$ Umsatz). Marmon wiederum gehört zu Berkshire Hathaway, das von dem legendären Großinvestor Warren Buffett gegründet wurde. Meine Kombination: würde eine Beteiligung von Fontaine Modification an Hyzon Motors nicht viel Sinn ergeben? Dadurch beteiligt man sich dann – in case – an dem BZ-Know-how von Hyzon und kann gemeinsam auch eigene Lkw-Kunden auf den Wasserstoffweg führen.

Performance Food Group zählt zu den größten Nahrungsmittellogistikern in den USA. Hyzon hat kürzlich den Auftrag für fünf Lkw erhalten (hier kommen die eigens entwickelten 200 kW-BZ-Module zum Einsatz), aber auch eine Option auf weitere 15 Lkw zur Umrüstung sowie 30 zusätzliche. Interessant wäre es zu erfahren, ob Performance Food Group bereits ein Kunde von Fontaine Modification ist und hierdurch Hyzon Motors vermittelt wurde.

Am Rande interessant: Rund 65 Prozent der Aktien werden von dem Großaktionär Horizon gehalten, so dass der Free-Float (35 Prozent) nur circa 82 Mio. Aktien ausmacht. Über 20 Mio. Aktien sind indes auf der anderen Seite leer verkauft worden (Short Interest).

Autor: Sven Jösting, verfasst am 28. Juni 2023

Siemens Energy – Viele neue Technologieansätze

Siemens Energy – Viele neue Technologieansätze

Aus dem Hause Siemens Energy lesen wir über diverse Projekte, die unseres Erachtens viele neue Märkte in Sachen Wasserstoff adressieren. Da geht es zum Beispiel um den Bau einer Elektrolyseanlage, wo die entstehende Abwärme für eine Wärmepumpe genutzt werden kann und mithilfe derer sich neben der Produktion von Wasserstoff ein Gesamtwirkungsgrad von 98 Prozent erzielen lässt. Mit Evonik plant Siemens Energy zudem, eine innovative H2-Technologie im industriellen Umfeld zu erforschen, wozu ein neuartiger Elektrolyseur im Rahmen eines Pilotprojektes entwickelt werden soll. Dabei geht es um die Herstellung von grünem Wasserstoff als Ausgangsprodukt für die Herstellung von Isophorondiamin (IPDA), welches als Rohstoff für die Produktion von Rotorblättern von Windkraftanlagen dient. Ein PEM-Elektrolyseur mit einer Leistung von 8 MW auf der Zeche Hannibal (H2annibal) soll 45 Prozent des benötigten grünen Wasserstoffs liefern und zudem 100 Prozent des benötigten Bedarfs an Sauerstoff. 12.000 Tonnen CO2 sollen durch dieses Projekt vermieden werden.

Hoher Auftragseingang – gesundes Umsatzwachstum

Die Zahl allein ist schon beachtlich: 102 Mrd. Euro Auftragsbestand mit einem satten Plus von über 12,3 Mrd. Euro im letzten Quartal. Immerhin ein Umsatz von 8 Mrd. Euro nach 6,5 Mrd. Euro im Vorjahr. Ergibt ein deutliches Plus von 24 Prozent. 189 Mio. Euro Verlust als Ergebnis des zweiten Quartals inklusive eines Verlustausweises der Windtochter in Höhe von 374 Mio. Euro.

Dass da noch keine schwarzen Zahlen geschrieben werden, liegt an der voll zu integrierenden Gamesa, die noch Vergangenheitsbewältigung betreiben muss, da Kostenerhöhungen bei Stahl und Komponenten für Bestands- bzw. Altaufträge nicht an Kunden weitergereicht werden können und konnten. Zudem fallen Kosten für die Reorganisation (u. a. Personalabbau, Lieferkettenthemen) an. Aber das wird sich bei Neuaufträgen ändern, die anders kalkuliert werden und dem hohen Wachstum der Windbranche weltweit Rechnung tragen. Der Übergang in die Gewinnzone ist in den kommenden zwei Jahren absehbar. Die Börse sieht dies genauso.

Siemens Energy ist ein klarer Gewinner dessen, was weltweit an Projekten rund um Wasserstoff auf den Weg gebracht wird. Auch da könnte die Windkraft offshore mittels Elektrolyse günstigen Wasserstoff produzieren und Siemens Gamesa damit weiteres Zukunftspotential schaffen, da Siemens Energy auch ein starkes Standbein in der Elektrolyse besitzt. Man bedenke: Ohne Siemens Gamesa ist Siemens Energy ja profitabel, so dass der Turnaround bei der Windtochter bzw. diesem Unternehmensteilbereich einen großen Ertragshebel darstellt, sobald diese Unit nachhaltig in die Gewinnzone kommt. Dass dies so kommen wird, ergibt sich aus dem Windanlagenmarkt, der sehr wachstumsstark ist. Siemens Gamesa malt sich da gute Chancen auf manchen Großauftrag aus.

„Der Erfolg des Windgeschäfts bleibt die Grundvoraussetzung dafür, dass wir ein profitabler Marktführer im Bereich der Energiewende werden. […] Da kommt ein Markt, der eine Welle wird.“

Siemens-Energy-Vorstandschef Christian Bruch

Für mich ist klar, dass sich der Kreis, den das Unternehmen als One-Stop-Shopping Unternehmen nach der Devise „alles aus einer Hand“ dem Kunden in Sachen Energie und Wasserstoff und deren verschiedenen Nutzungspotentialen liefern kann, schließt. Letztendlich sind es Unternehmen wie Siemens Energy, die in den Portfolios großer Kapitalsammelstellen wie Blackrock verstärkt zugekauft werden, da man hier hohes Wachstum sieht und das Ganze mit dem Begriff Nachhaltigkeit verbinden kann.

Mein Kursziel von 30 Euro könnte schneller eintreten, als erwartet. Langfristig sehen wir da viel höhere Kurse. Und vielleicht ist die Kursentwicklung von Siemens Energy (von 10 Euro auf 24 Euro) die Blaupause für die anderen hier besprochenen Unternehmen.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 9.6.2023

Weichai – Gute Kursentwicklung

Weichai – Gute Kursentwicklung

Zu Weichai kann ich leider keine neuen Kennzahlen vorlegen, aber der gestiegene Kurs deutet darauf hin, dass es erstens gut läuft bei Chinas größtem Dieselmotorenhersteller mit Wasserstoffstrategie und zweitens Chinas erwartetes H2-Förderprogramm hier positive Einschätzungen zulässt. Freude bereitet die Tochter Kion, deren Börsenwert gut 50 Prozent zugelegt hat. Man bedenke, dass Weichai weiterhin nur 30 bis 35 Prozent des Wertes ausmacht, mit dem der US-Konkurrent Cummins Engine an der Börse bewertet wird. Beide Unternehmen sind sehr gut vergleichbar, wenn auch der chinesische Staat an Weichai über deren Großaktionär beteiligt ist.

Weichai unterhält über das JV mit Ballard Power (51:49) bislang noch die größte Stackproduktion für Lkw und Busse in China, zumal Weichai selbst Tochtergesellschaften besitzt, die Nfz neben schwerem Gerät (Kräne, Minentrucks, Motoren für Schiffe, Züge usw.) produzieren. Im Fall eines großen H2-Förderprogramms hat man dann alles im Haus – von der Stack-Produktion bis hin zum Einsatz. Weichai Power ist mein Schlüsselinvestment in China in Sachen Wasserstoff und Brennstoffzelle.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.
Autor: Sven Jösting, verfasst am 9.6.2023

Plug – Prognosen werden wieder einkassiert

Plug – Prognosen werden wieder einkassiert

Plug Power sieht sich selbst als Generalist: von der H2-Produktion über Verflüssigungstechnologien, eigene Elektrolyseurproduktion und den Bau von H2-Trailern und -Tankstellen bis hin zur Herstellung von BZ-Stacks für Kfz und Gabelstapler. Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen stehen diverse Gigafactories, die mit erheblichem Invest aufgebaut werden und Zeit benötigen, bis Umsatz und Gewinn generiert werden. In der Übergangszeit werden hohe Verluste ausgewiesen, die sich zum Teil mit dem Auf- und Ausbau des Unternehmens erklären lassen. Allein der Blick auf die Liquidität zeigt, dass Plug eventuell noch dieses Jahr weitere Aktien wird ausgeben müssen, um die ehrgeizigen Unternehmensziele zu finanzieren, da neben dem Kapitaleinsatz in Fabriken auch eine Vielzahl von strategischen Akquisitionen Geld kostet.

Ein stark steigender Anteil an der Liquidität – fast 900 Mio. US-$ – ist nicht frei verfügbar, sondern als „restricted“ eingestuft und damit als Sicherheitsleistung eingefroren. Auf der anderen Seite hat Plug sicherlich andere Möglichkeiten, an neue Liquidität zu gelangen. Ich denke dabei an Sale-Leaseback-Vereinbarungen, aber auch an staatliche Förderprogramme und Kredite im Rahmen des Inflation Reduction Act. Auch die Ausgabe eines Green-Bonds als Wandelanleihe ist gut denkbar.

Zahlen für das erste Quartal

Plug Power hat Quartalszahlen vorgelegt, die im Widerspruch zu den oftmals sehr vollmundigen Aussagen des Vorstandes stehen. 210 Mio. US-$ Umsatz im ersten Quartal klingen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gut. Parallel erhöhte sich aber der Verlust auf über 200 Mio. US-$ bzw. entsprach pro Aktie einem Minus von 0,35 US-$ (GAAP). Das Wording der Veröffentlichungen erzeugt bei mir das Gefühl, dass man Anlegern in kleinen Dosierungen beibringen will, dass bei den kurzfristigen Zielen Abstriche gemacht werden müssen.

Nichtsdestotrotz wird Plug seinen Weg in Sachen Wasserstoff gehen und hier ein großes Potential entwickeln, da man an diversen Produktionsstätten für Stacks, Elektrolyseure und auch Wasserstoff arbeitet. Meine Kritik bezieht sich darauf, dass man seitens Plug an zu vielen Baustellen gleichzeitig arbeitet, damit den Kapitalbedarf überbeansprucht und deshalb weitere Kapitalerhöhungen bzw. -beschaffungsmaßnahmen wahrscheinlich macht.

Plug-DSC_0065

Eine Reihe von Prognosen mussten bereits einkassiert werden, wie auch mancher Auftrag storniert wurde und einige Aufträge noch nicht abschließend vereinnahmt werden konnten. Auch die jüngst vereinnahmten Aufträge für drei Elektrolyseure in Europa (u. a. für ein Stahlwerk in Bremen mit Apex Energy) ändert nichts am Gesamtbild. Bei diversen strategischen Übernahmen bedarf es einer gewissen Zeit der Integration, bis hier ein positiver Deckungsbeitrag erzielt werden kann.

Zudem ist Plug durch die Abhängigkeit von Unternehmen wie Walmart und Amazon, für die es Gabelstapler umrüstet, noch zu einseitig ausgerichtet, was für mich ein temporäres Negativum darstellt, da Plug hier den flüssigen Wasserstoff liefert und wohl noch zukauft, bis man diesen selbst produziert und daran richtig Geld verdient. Ich denke – ohne Obligo –, dass es die beiden Großkunden Amazon und Walmart sind, die ihre sehr hohen Buchgewinne durch die Ausübung von über 100 Mio. Optionsscheinen durch den Leerverkauf von Aktien abgesichert haben könnten, denn bei Plug liegt der Short Interest bei über 100 Mio. Aktien. Diese Kombination aus Kundenbeziehung und gleichzeitiger Vermischung mit Anreizen durch Optionsscheine zum Bezug von Plug-Aktien wirft manche Frage auf, auch die der steuerlichen Behandlung, da Plug Kursdifferenzen der Warrants bilanziell permanent in Quartalsabschlüssen erfasst.

Fazit

Immer noch kein Kauf. Alternativ bieten sich Unternehmen bzw. die Aktien von Unternehmen wie Bloom Energy an, da deren Ausblick sichtbarer ist und kalkulierbarer umgesetzt wird. Bis Plug den Erwartungen entsprechende Zahlen liefert, kann es noch dauern. Viele wieder einkassierte Prognosen bestätigen meine kritische Haltung. Meine Prognose, dass der Börsenwert von Plug dem von Bloom entsprechen könnte, wird immer sichtbarer: Plug wurde mit über 15 Mrd. US-$ bewertet und nun mit circa 5 Mrd. US-$, während Bloom von über 4 Mrd. US-$ nun zwar auch tiefer auf 2,7 Mrd. US-$ Wert gerutscht ist, aber angesichts der erwarteten Zahlen die Chance hat, bezogen auf das Umsatz-Multiple, basierend auf prognostiziertem Umsatz von 1,5 Mrd. US-$ in 2023, höher als Plug bewertet zu werden. Plug erwartet 2023 einen Umsatz von 1,2 bis 1,4 Mrd. US-$. Die Wette gilt.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 9.6.2023

Ein Wasserstoffkongress mit Tiefgang

Ein Wasserstoffkongress mit Tiefgang

Am 6. und 7. Juni 2023 hat das H2-Forum in Berlin stattgefunden – zwei Tage, die an Inhalt zum Themenkomplex Wasserstoff nichts an Argumenten und Sichtweisen vermissen lassen, was die Perspektiven des Supermoleküls in der Welt angeht. Es gab einerseits viel Kritik an der Umsetzung der ambitionierten Ziele in der Welt, an mancher Regulatorik und auch dem fehlenden Realitätssinn hinsichtlich der Zeitschiene der Umsetzung und Umsetzungsfähigkeit. Andererseits zeigte sich, dass die Perspektiven stimmen und besser nicht sein können.

CO2-Verringerung, die Dekarbonisierung, ist derzeit das oberste Ziel und viele technologische Wege führen dahin. Man kann auch sagen: der Weg ist das Ziel. Farbenspiele bezüglich der Produktionsart und der Energiequellen sollten demgegenüber – so die mehrheitliche Mehrheitsmeinung – in den Hintergrund treten.

Häufig wird der Inflation Reduction Act der Amerikaner angeführt, der unternehmerisch gedacht wird und die Unternehmen in die Lage versetzt, selbst zu entscheiden, welchen H2-Weg man geht und wie dies durch Förderprogramme genutzt werden kann. Auf die EU bezogen gibt es da einfach noch zu viel Dirigismus – sei es auf EU-Ebene wie auch auf nationaler. In meinen Worten: der große Wurf ist es noch nicht, was die EU in Sachen Wasserstoff auf den Weg bringt, wenn auch viele einzelne Maßnahmen zielführend sind. Man verliert sich leider noch in zu vielen Details. Der Kongress hat dazu interessante Aspekte geliefert.

Europa sei in vielerlei Hinsicht (technologisch) in führender Position – muss dies aber auch nach Möglichkeit bleiben, hieß es. Es gehe darum, wie die Nachfrage nach Wasserstoff definiert wird, aber auch in der Definition, wie Wasserstoff in verschiedenen Farben zum Einsatz kommen kann. Das grüne H2 ist das zielführende, aber halt lange – auf viele Jahre Sicht – nicht in den Mengen verfügbar, sodass der Übergang u.a. in blauem zu sehen ist.

Dazu kommt das notwendige Grundverständnis, wie und in welchen Märkten und Anwendungen Wasserstoff zum Einsatz kommen sollte. Die Politik – so mein Eindruck – sollte sich da heraushalten und es den Unternehmen selbst überlassen, wie und wo sie auf die Karte Wasserstoff setzen wollen, wobei Förderungen wie die in den USA mittels IRA (3 $ Zuschuss pro kg grünem H2) sinnvoll wären.

Das Grundverständnis für die Potentiale von Wasserstoff ist indes voll da und ausgeprägt, so sinngemäß ein Statement von Nils Aldag, dem CEO von Sunfire. Europa hat viel erreicht und man kann optimistisch sein. Lieferkettenprobleme müssten gelöst werden, bevor es in Sachen Wasserstoff richtig losgehen kann. Und Fachpersonal muss dringend ausgebildet werden – das Thema in die Universitäten bringen – denn das fehlt in ausreichender Zahl.

Ana Quelhas, zuständige Vorstandsfrau des portugisisch-spanischen Windparkkonzerns EDP (einer der größten der Welt) ist da nicht so optimistisch, da man auch viele Falschinformationen in Sachen Wasserstoff vernehmen könne und all die Erwartungen an diesen neuen Markt so nicht kompatibel seien, wenn man auf die Realitäten schaut. Da gibt es erst einmal viele Herausforderungen („a lot of challenges“), die es zu lösen gilt, u.a. was Zeitpläne und Abläufe für die Umsetzung angeht.

Politische Aspekte (Regulatorik) wie auch Fragen der Finanzierung dauern länger, als es viele Marktteilnehmer wünschen würden. Dazu kommt, so ein Vertreter von Nel Asa, dass man die Zulieferer gut einbeziehen muss (Lieferketten) und sich Fragen der Risikoübernahme in der Finanzierung bei Projekten stellt.

Daneben wurde darüber diskutiert, wie Wasserstoff über Ammoniak und Methanol auf der Langstrecke transportierbar gemacht wird und beide Chemikalien verstärkt in den Raffinerien zum Einsatz kommen werden. Die Lagerung von Wasserstoff in Salzkavernen und Porenspeichern in Kombination von Windparks und vor Ort einsetzbaren Elektrolyseuren als Kombinationsmodell zeigen einen guten Weg auf, so Dr. Wietfeld, CEO von Uniper Hydrogen. Da es sich seinen Worten zufolge um sehr komplexe Zusammenhänge handelt, müsse man erst einmal Erfahrungen sammeln und sich von einer gewissen Form der Naivität lösen, wie schnell das alles umgesetzt werden soll und kann. Da braucht man Abnahmeverträge und Power Purchasing Agreements (PPA). Klar sein aber: Things are moving in the right direction.

Auch der Handel von Wasserstoffderivaten wie Ammoniak muss neu entwickelt werden, wenn auch hier schon umfassende Erfahrung bei Ammoniak als Düngemittel vorhanden sind. Initiativen wie H2Global als Mechanismus für den subventionierten Einkauf von Wasserstoff aus der ganzen Welt (von außerhalb Europas) sind da eine gute Grundlage, so Wietfeld, der auch der CEO dieser Initiative ist.

Einerseits entwickelt sich die Art der Diskussionen rund um Wasserstoff positiv. Andererseits fehlen noch finale Investmententscheidungen für die Wasserstoffproduktion und den Handel. Leider warten noch viele/fast alle Player darauf, wer den Anfang macht, d.h. die Bereitschaft für den Wasserstoff auf Termin zu zahlen (PPA, offtaker u.a.) und sich für die Abnahme zu verpflichten. Uniper hat selbst einen solchen Offtaker mit der indischen Greenko abgeschlossen, wo der Kauf von Ammoniak preislich erst zu einem späteren Zeitpunkt bei Lieferfähigkeit dessen basierend auf allgemeinen Markt- und Benchmarkpreisen erfolgt.

Da Wasserstoff (grün bis gelb) noch keinen allgemeinen Marktpreis hat (wie Erdgas und Erdöl) und noch nicht als handelsbares Commodity gilt, ist dies sicherlich noch ein Hindernis, welches aber ausgeräumt wird, wenn sich hier der Weltmarkt entwickelt. Es verhält sich sogar exakt so, wie beim Hochlauf der erneuerbaren Energien wie Windkraft und Photovoltaik vor 20 Jahren – daraus sollte man Schlüsse ziehen, um den Kickstart zu beschleunigen.

Man sollte erst einmal mit vielen kleinen Projekten in der Welt starten, die dann nach oben skaliert werden können, als gleich immer auf Giga zu setzen. Auf jeden Fall ist viel mehr Pragmatismus von Nöten. Statt auf Klimawechsel „Climate Change“ und Untergangsszenarien als Grundlage für Wasserstoff zu setzen, sollte die Motivation mehr auf der Vermeidung von CO2 liegen – egal welche Farbe der Wasserstoff hat, wenn er nicht erdgasbasiert ist.

Kurzum: Alle Zutaten sind da, um Wasserstoff zum Höhenflug zu verhelfen – 63 % der Teilnehmer teilten diese Sicht.

Die französische Lyhfe wies darauf hin, dass gerade der auf dem Meer (offshore) erzeugte Wasserstoff mittels Windenergie und Meerwasser via Entsalzung das beste Potential besitzt – auch gegenüber onshore erzeugtem Windstrom. Der Vertreter von Air Liquide sieht allerdings viele Hürden beim Hochlauf. Technologieoffenheit sei extrem wichtig und da geben die USA ein gutes Beispiel ab, da sie es den Unternehmen selbst überlassen, wie sie die Förderprogramme in Sachen Wasserstoff für sich zu nutzen wissen.

In Europa verhält es sich leider noch so, dass die Politik dem Nutzer/Unternehmen Vorgaben macht, was man denn als richtig ansieht. Ein pragmatisches Beispiel: Aurubis, vertreten durch den Vorstand Gehrkens, ist die Nr. 1 in der Welt für das Recyclen von Kupfer. Hier sind die Kosten für Energie der entscheidende Standortfaktor. Kupfer hat seinen Weltmarktpreis, wo eben diese Energiekosten erheblich zu Buche schlagen und die Nutzung von CO2-freier Energie wie durch Wasserstoff sich rechnen müssen. Man investiert massiv darin und setzt auf technologische Verbesserungen, aber es geht immer auch um Märkte und Kosten. Da muss es sich rechnen, so Gehrkens, zumal der Strompreis in Deutschland zu den höchsten in der Welt zählt. Wasserstoff wird eine wichtige Rolle spielen, aber zu welchem Preis? Blauer Wasserstoff via Erdgasreformierung ist sehr wichtig und den Kohlenstoff kann man auch wieder industriell verwerten.

Man bedenke: In batterieelektrischen Kfz ist viermal so viel Kupfer wie in Verbrennern. In einem Windrad offshore finden 50 Tonnen Kupfer ihren Einsatz. Die Kosten der Verfügbarkeit von Energie (Wasserstoff) sind ein elementarer Anteil für das Unternehmen. Aktuell werden 20 Mio. Tonnen Kupfer pro Jahr in der Welt produziert – es sollen 57 Mio. Tonnen im Jahr 2035 werden. Auf die Weltmärkte bezogen wird es einen Wettbewerb um Wasserstoff geben, sodass Förderungen für den Bau der Infrastruktur wie im Fall der LNG-Terminals in Deutschland (diese H2-ready machen) unerlässlich sind. Wasserstoff wird sich wie LNG durchsetzen und LNG ersetzen.

Klar ist, dass die Gasnetze H2-ready gemacht werden müssen – neben dem Bau neuer Pipelines, in denen dann sogar 100 % Wasserstoff transportiert werden. Von 560.000 km in Deutschland gelten 500.000 als nutzbar – mit Innenbeschichtungen (Coating) aus einem Kunststoff, der keine Diffusion zulässt. Die Kosten des Transportes des Wasserstoffs müssen noch definiert werden. Vorschlag: Indien als Vorbild nehmen. Dort übernimmt der Staat die Transportgebühren via Pipeline. Und es geht auch um ein pan-European-Hydrogen-grid/backbone. Das Fitting müsste modernisiert werden wie auch manches Ventil und neue Kompressoren. Zudem stellt sich die Frage, an welchen Standorten sich die Etablierung von Elektrolyseuren am besten eignet.

Lkw & Schiene

Beim Einsatz von Wasserstoff im Nutzlastverkehr geht es vor allem um die Langstrecke. 600 bis 700 H2-Tankstellen gelten als ideale Basis für Europa. Dabei geht es um den Preis von Wasserstoff, die Verfügbarkeit, das Netz (Standorte) und die Regulatorik – u.a. CO2-Abgaben bei Diesel-Lkw bzw. Förderungen für batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Lkw. Wichtig für die Logistik ist der Radius des Lkw, Tankzeit, Kosten. Wasserstoff dezentral zu produzieren (Wind- oder Solarpark mit angeschlossener Elektrolyse) und an H2-Tankstellen anzudocken (Trailer, Pipeline, mobile Tankstelle) sei ebenfalls eine interessante Option. Bei Zügen würden 150 bis 200 H2-Tankstellen reichen.

Fazit

Ein Kongress, der an Pragmatismus in Sachen Wasserstoff nichts vermissen lässt und klar aufzeigt, was wie besser gemacht werden könnte bzw. was noch schlecht läuft im Hochlauf. Die Politik sollte sich mit den Ergebnissen konstruktiv auseinandersetzen und diese am besten auch umsetzen. Der Worte sind genug gewechselt – die Welt schläft nicht.

www.h2-forum.eu

Autor: Sven Jösting