von Monika Rößiger | Jan. 30, 2025 | 2025, Energiewirtschaft, Entwicklung, International, Markt, Meldungen, News, USA, Wasserstoffwirtschaft
Interview mit Bryan Glover, CTO bei Honeywell
Nach mehr als 50 Jahren Erfahrung mit Wasserstoff setzt Honeywell mit dem Unternehmen Energy and Sustainability Solutions (ESS) auch auf grünen Wasserstoff. Dabei nimmt der US-Mischkonzern gleich die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick: Von effizienterer PEM-Elektrolyse bis hin zur Transportinfrastruktur.
HZwei: Honeywell fokussiert sich stark auf eine Zukunft mit grünem Wasserstoff. Warum?
Glover: Honeywell ist sich der enormen Bedeutung bewusst, die grüner Wasserstoff bei der Energiewende spielen wird. Wegen seiner Energiedichte eignet sich Wasserstoff gut als Alternative zu fossilen Treibstoffen. Deshalb ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach grünem Wasserstoff in den kommenden Jahren erheblich steigen wird. Ein Bericht von Wood Mackenzie zeigt, dass kohlenstoffarmer Wasserstoff bis 2050 sieben Prozent des weltweiten Energiebedarfs ausmachen wird, was 211 Millionen Tonnen entspricht.
Globale Unterstützung und Investitionen in grünen Wasserstoff bestätigen das, da Regierungen weltweit Strategien beschließen, um dessen Einsatz zu fördern. So zielt unter anderem die nationale Wasserstoffstrategie Deutschlands darauf ab, ihre Klimaschutzziele mithilfe von grünem Wasserstoff zu erreichen. Ferner haben die Europäische Investitionsbank und Deutschland Ende 2023 den Fonds für Grünen Wasserstoff aufgestockt, um die globale Wasserstoffwirtschaft anzukurbeln.
Ihr Unternehmen sieht sich als Pionier in der Entwicklung von innovativen Lösungen in Bezug auf grünen Wasserstoff. Welche sind das zum Beispiel?
Honeywell blickt auf mehr als 50 Jahre Erfahrung zurück, um Innovationen bei der Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff voranzutreiben. Wir bieten Lösungen, welche die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette abdecken – von der Produktion über die Umwandlung, Transport, Speicherung und Verteilung.
Seit 1966, als die erste industrielle Anwendung unserer PSA-Technologie (Pressure Swing Adsorption, Anm. d. Verf.) in Betrieb genommen wurde, führt Honeywell auf dem Gebiet der Wasserstoffaufbereitung. Bis heute haben wir weltweit mehr als 1.000 PSA-Anlagen geliefert, die etwa 25 Millionen Normkubikmeter reinen Wasserstoff pro Stunde produzieren, was eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Produktionseffizienz und Skalierbarkeit spielt.
Ein weiteres Beispiel sind Honeywells katalysatorbeschichtete Membranen (CCM, Anm. d. Verf.), mit denen Kunden eine größere Menge grünen Wasserstoffs zu niedrigeren Gesamtkosten produzieren können. Führende Elektrolyseurhersteller haben nachgewiesen, dass diese Membranen 30 Prozent mehr Wasserstoff produzieren können als die derzeit handelsüblichen CCM und die Kosten der Nicht-CCM-Stack-Komponenten um 29 Prozent senken.
Auf welche Weise kann Honeywell dazu beitragen, die Effizienz bei der Herstellung von grünem Wasserstoff entscheidend zu verbessern?
Wir investieren kontinuierlich in Forschung und Entwicklung, um eine noch breitere Produktion mit noch höherer End-to-End-Effizienz und Kosteneinsparungen zu ermöglichen. Neben der CCM-Technologie von Honeywell unterstützen wir auch die Entwicklung und Skalierung von Elektrolyseur-Technologien der nächsten Generation über Honeywell Ventures. Dieser Teil des Unternehmens investiert in der Frühphase in wachstumsstarke Unternehmen, die über bahnbrechende Technologien verfügen. Unsere strategische Investition in die Series-B-Finanzierungsrunde von Electric Hydrogen trug zu einer Summe von insgesamt 198 Millionen US-Dollar bei. Dieses Geld unterstützt Electric Hydrogen bei der Entwicklung von Elektrolyseuren mit hohem Durchsatz, um Kosten zu senken und die Effizienz für großangelegte Industrie- und Infrastrukturprojekte zu steigern.
Welche Lösung bietet Honeywell für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, zum Beispiel, was Speicherung und Transport angeht?
Im Jahr 2023 stellte Honeywell seine LOHC-Lösung (Liquid Organic Hydrogen Carrier, Anm. d. Verf.) vor. Diese innovative Technologie ermöglicht den Transport von Wasserstoff über die bestehende Öl- und Gasinfrastruktur. Das ist eine sicherere und kostengünstigere Lösung im Vergleich zu anderen derzeit auf dem Markt befindlichen Transportmethoden. Bei der LOHC-Technologie von Honeywell wird Wasserstoffgas chemisch an den flüssigen Trägerstoff Methylcyclohexan (MCH, Anm. d. Verf.) gebunden. Das MCH kann am Zielort wieder in Wasserstoff umgewandelt werden.
Der Wasserstoffrat prognostiziert, dass bis zum Jahr 2050 rund 400 Millionen Tonnen Wasserstoff und Derivate transportiert werden müssen. Da die Herstellung von grünem Wasserstoff wasserintensiv ist, werden ihn viele Länder weltweit importieren müssen. Unsere LOHC-Lösung kann die Wasserstoffproduktion um etwa zehn Prozent steigern und hat das Potenzial, zwischen 3.000 und 100.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr zu produzieren.
Wie sieht es mit dem Verbrauch von Ressourcen einschließlich Wasser für die Elektrolyse aus?
Der Verbrauch von Ressourcen, einschließlich Wasser, ist ein entscheidender Faktor bei der Wasserstofferzeugung per Elektrolyse. Unsere Lösungen für grünen Wasserstoff sind speziell darauf ausgerichtet, die Ressourceneffizienz zu verbessern. Die katalysatorbeschichteten Membranen von Honeywell optimieren den Prozess, indem sie die Menge an Wasser und anderen Betriebsmitteln für die Elektrolyse signifikant senken. Das reduziert auch die Gesamtkosten.
Was ist das „Revolutionäre“ an Honeywells Entwicklungen?
Die Internationale Energieagentur (IEA, Anm. d. Verf.) hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, die bestehenden Industriehäfen und die Infrastruktur zu nutzen, um Drehscheiben für kostengünstigen, kohlenstoffarmen Wasserstoff zu schaffen. Die LOHC-Lösung von Honeywell ist ein Beispiel für diesen Ansatz, weil sie die bestehende Infrastruktur für fossile Brennstoffe nutzt, um Wasserstoff zu transportieren, was die Kosten erheblich senkt und die Skalierbarkeit verbessert. Unsere Technologie trägt nicht nur zur Energiewende bei, sondern stärkt auch das Vertrauen der Investoren in die Wasserstoffwirtschaft.
Sind Ihre Entwicklungen bereits in der Praxis einsetzbar und skalierbar?
Ja. Ein Beispiel dafür ist unsere Zusammenarbeit mit ENEOS, einem führenden Energieunternehmen in Japan. ENEOS wird die LOHC-Technologie von Honeywell an mehreren Standorten einsetzen, um das weltweit erste kommerzielle Projekt für flüssige organische Wasserstoffträger zu entwickeln. Das ENEOS-Projekt zeigt, wie unsere Technologie in bestehende Verkehrsnetze integriert werden kann. Diese strategische Partnerschaft mit ENEOS ist eines von mehreren Projekten im Bereich des Wasserstofftransports, bei denen wir mit diesem Unternehmen kooperieren.
Wie trägt Honeywell grundsätzlich zu einer nachhaltigen Entwicklung in der industriellen Produktion bei?
Unsere heutige Welt basiert auf schwer zu defossilisierenden Industriezweigen wie der Erdölraffination, Gasverarbeitung, petrochemischen Produktion sowie der Zement- und Stahlherstellung. Der Übergang zu saubereren Energielösungen wird hier einige Zeit in Anspruch nehmen. Daher entwickelt Honeywell auch Lösungen, um die Emissionen der Schwerindustrie heute zu reduzieren. Ein Beispiel ist Honeywells Technologie zur Abscheidung von Kohlendioxid (CO₂, Anm. d. Verf.). ExxonMobil plant den Einsatz unserer Technologie zur CO₂-Abscheidung und Wasserstoffreinigung in einer Anlage zur Herstellung von kohlenstoffärmerem Wasserstoff in den USA. Es wird erwartet, dass mit Honeywells Technologie jährlich etwa sieben Millionen Tonnen Kohlendioxid aus dieser Anlage abgeschieden werden, was etwa dem Ausstoß von 1,5 Millionen Autos pro Jahr entspricht.
von Cristian Hiemisch | Jan. 30, 2025 | 2025, Energiespeicherung, Energiewirtschaft, Entwicklung
H2Mare forscht an Offshore-Technologien
Offshore-Windenergieanlagen erzeugen deutlich mehr und regelmäßiger Strom als ihre Pendants an Land. In dem Leitprojekt H2Mare arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, dieses Potenzial zu nutzen – und grünen Wasserstoff und Folgeprodukte künftig direkt auf See zu erzeugen. Aktuelle Fortschritte gibt es unter anderem bei der Kopplung von Windenergieanlage und Elektrolyseur.
Auf See sorgt stark und stetig wehender Wind für beste Bedingungen zur Erzeugung erneuerbaren Stroms. Wenn sich dieser direkt für die Produktion von grünem Wasserstoff nutzen ließe, könnte das die Kosten gegenüber der Wasserstoffproduktion an Land deutlich senken. Denn so entfallen nicht nur die Kosten für eine aufwändige Netzanbindung, sondern auch die Energieverluste infolge der zusätzlichen Umwandlungsprozesse.
Partner aus Forschung und Industrie arbeiten im Wasserstoff-Leitprojekt H2Mare daran, einen Wasser-Elektrolyseur direkt mit einer Windenergieanlage zu koppeln und damit innovative Technologien bereitzustellen, um offshore grünen Wasserstoff zu erzeugen. Damit dies gelingt, müssen sowohl der Elektrolyseur als auch die Windenergieanlage angepasst und möglichst direkt elektrisch miteinander verbunden werden. Die schwankende Stromversorgung als Basis des gesamten nachfolgenden Umwandlungsprozesses inklusive der Wasseraufbereitung und der regelungstechnischen Abstimmung des Systems gehört zu den größten Herausforderungen für die Entwicklungsingenieurinnen und -ingenieure. Doch genau das passiert jetzt erstmals in einer Versuchsanlage im Megawatt-Maßstab.
Das Wasserstoff-Leitprojekt H2Mare
Beim Leitprojekt H2Mare wird die Offshore-Erzeugung von grünem Wasserstoff und anderen Power-to-X-Produkten erforscht. Rund 30 Projektpartner aus Forschung, Industrie und Gesellschaft arbeiten dafür eng zusammen. Neben H2Giga (Serienfertigung von Elektrolyseuren) und TransHyDE (Transport- und Speicherinfrastruktur) ist H2Mare eines von drei Wasserstoff-Leitprojekten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Im Sinne der Nationalen Wasserstoffstrategie tragen die Leitprojekte zum Ausbauziel von zehn Gigawatt Elektrolysekapazität bis 2030 bei.
Erstmals WEA direkt mit Elektrolyseuren verbunden
Um die direkte Kopplung und ihre Folgen praktisch zu testen, hat das H2Mare-Projekt OffgridWind im dänischen Floe ein entsprechendes Testsystem – zunächst an Land – errichtet. Dort hat H2Mare-Projektpartner Siemens Gamesa zwei Elektrolyseure zur H2-Herstellung elektrisch so mit der Windenergieanlage (WEA) verbunden, wie das später auch auf hoher See stattfinden könnte. Mit diesem Aufbau kann das Projektteam auch die Umschaltung zwischen zwei Systemen und somit die optimale Betriebsführung testen.
Die Rückwirkungen auf die Steuerung lassen sich mit diesem Aufbau erkennen, weiter beurteilen und gegebenenfalls anpassen, da dies auch auf See einer der kritischen Aspekte sein wird. In den kommenden Monaten untersucht H2Mare nun, wie sich die schwankende Stromproduktion auf die Funktionsweise der Anlage auswirkt.
Wie eine Windenergieanlage mit integrierter Wasserstoffproduktion aussehen würde, hat H2Mare ebenfalls bereits analysiert: In Zukunft könnten alle notwendigen Anlagen auf einer Plattform direkt bei einer Offshore-Windenergieanlage untergebracht sein.

3D-Modell der H2Mare-WTG-Plattform zur Offshore-Wasserstofferzeugung sowie der Containeranlagen mit Elektrolyse- und Wasseraufbereitungseinheit
Grafik: Leitprojekt H2Mare
Testanlage zur Meerwasser-Entsalzung

Meerwasserentsalzung mit Entsalzungsanlage in Bremerhaven, Foto: Kevin Schalk, Fraunhofer IWES, Leitprojekt H2Mare
Zu diesen Anlagen zählt auch eine Einheit zur Meerwasserentsalzung für die Elektrolyse. Eine entsprechende Testanlage ist von H2Mare-Projektpartner Fraunhofer IWES in Bremerhaven in Betrieb genommen worden. Sie filtert Meerwasser, bereitet es auf, erhitzt es und erzeugt so Reinstwasser. Anders als andere Testprojekte arbeitet H2Mare bei seinen Tests bereits mit echtem Nordseewasser. Später soll Abwärme der H2-Produktion das Wasser erhitzen.
Weil das aufbereitete Meerwasser nur mit schwankenden Temperaturen zur Verfügung steht, testen Expertinnen und Experten im H2Mare-Projekt H2Wind die Anlage derzeit auch mit unterschiedlichen Betriebstemperaturen. Erste Ergebnisse zeigen, dass Wassertemperaturschwankungen zwar das Anlaufverhalten und den Energiebedarf der Entsalzungsanlage, aber nur unwesentlich die Produktionsmenge an Reinstwasser beeinflussen.
Demonstration einer Power-to-X-Prozesskette auf See
Doch nicht nur die Wasserstoffproduktion wird im Projekt unter die Lupe genommen. Auch Folgeprodukte spielen eine Rolle. Im H2Mare-Projekt PtX-Wind wird die Erzeugung weiterer Power-to-X-Produkte auf See, beispielsweise von Methan, Methanol, Fischer-Tropsch-Produkten und Ammoniak getestet. Dazu werden neben Wasser auch CO2 und Stickstoff benötigt. Diese sollen unter anderem direkt vor Ort aus der Luft (Direct Air Capture) oder dem Meer gewonnen werden.

Power-to-X-Container für den Offshore-Einsatz, Foto: KIT
Die erarbeiteten Konzepte für alle Syntheseprodukte will PtX-Wind zunächst an Land testen. Für die erste Demonstration einer Power-to-X-Prozesskette – bestehend aus einer Co-Elektrolyse und der Synthese von Kraftstoffen – haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am EnergyLab des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) einen Power-to-Liquid-Container (PtL) aufgebaut. In diesem werden Kraftstoffe per Fischer-Tropsch-Synthese aus Wasserstoff und CO2 hergestellt. 2025 wird die gesamte PtL-Prozesskette, gekoppelt an eine Co-Elektrolyse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), auf einer schwimmenden Plattform auf See demonstriert. Diese wird neben der Co-Elektrolyse eine Direct-Air-Capture-Anlage, PtL-Synthese und Abwasseraufbereitung in Containern beherbergen und Fischer-Tropsch-Produkte herstellen, die später als nachhaltige Kraftstoffe, wie beispielsweise Diesel oder Kerosin, genutzt werden können.

H2Mare-Grundidee: Offshore-Windpark mit speziellen WEAs, die jeweils über einen Elektrolyseur verfügen, Grafik: Projektträger Jülich im Auftrag des BMBF
Die Ergebnisse der Forschungsaktivitäten in H2Mare werden auf der Projektabschlusskonferenz im Herbst 2025 der Öffentlichkeit präsentiert.
Autor: Christian Hiemisch, Fraunhofer IWES, Leuna
von Romana Mocnik | Jan. 29, 2025 | 2025, Elektromobilität, Entwicklung, Europa, Markt, Meldungen, News, Wasserstoffwirtschaft
Formula Student setzt auf H2
Im Sommer 2025 sollen die ersten Wasserstofffahrzeuge am Red Bull Ring im österreichischen Spielberg (Steiermark) gegen Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb antreten. Damit dort sowohl Brennstoffzellen als auch Verbrennungsmotoren eingesetzt werden dürfen, hat Formula Student Austria in Zusammenarbeit mit anderen Rennveranstaltern entsprechende H2-Regularien veröffentlicht, die es studentischen Teams ermöglichen, zukünftig Rennwagen, die mit Wasserstoff angetrieben werden, zu konstruieren, zu bauen und Rennen fahren zu lassen.
Die Formula Student Austria (FSA) ist das österreichische Event der studentischen Rennserie Formula Student und findet seit 2009 jedes Jahr statt. Diese Rennserie ermöglicht es jungen, engagierten Studierenden von Universitäten und Fachhochschulen aus aller Welt, ihr Wissen, ihre Konstruktions- und Entwicklungsfähigkeiten sowie auch ihre organisatorischen und kaufmännischen Talente in mehreren unterschiedlichen Disziplinen unter Beweis zu stellen.
Formula Student Austria findet jährlich am Red Bull Ring in Spielberg statt. 2025 nehmen 58 internationale Teams aus knapp 20 unterschiedlichen Nationen und damit mehr als 1.600 Studierende teil. Unterschiedliche Disziplinen fordern die Studierenden auf mehreren Ebenen heraus. Neben der obligatorischen technischen Abnahme geht es in fünf dynamischen Disziplinen um Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der selbst konstruierten und gefertigten Rennboliden. Die drei statischen Disziplinen umfassen das Engineering Design und damit die Bewertung der Konstruktion des jeweiligen Fahrzeugs durch internationale Juroren. Außerdem geht es um die Bewertung des erstellten Business-Plans und der Vermarktungsstrategie, genauso wie um die Kostenaufstellung.
Technologieoffenheit für die Zukunft
Nachdem die Formula Student traditionell in zwei Klassen, eine mit Verbrennungsmotor (CV – combustion vehicle) und eine mit Elektromotor (EV – electric vehicle), aufgeteilt ist, gibt Formula Student Austria den Studierenden nun auch die Möglichkeit, Wasserstofffahrzeuge zu entwickeln und zu bauen. Dem Veranstalter geht es dabei um Technologieoffenheit. Um die Teilnahme von Fahrzeugen mit H2-Antrieb beim Event 2025 zu ermöglichen, hat Formula Student Austria schon vor knapp drei Jahren begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Maximilian Jauk, Head of Design bei Formula Student Austria, berichtet: „Unsere Motivation liegt darin, dass wir den zukünftigen Ingenieuren die Chance bieten möchten, sich außerhalb des Studiums mit dem Thema Wasserstoff zu beschäftigen. Dieses Thema wird für Arbeitgeber aus verschiedenen Branchen immer wichtiger. Uns ist bewusst, dass sich Alumni von Formula-Student-Teams nicht ausschließlich in der Automobilbranche bewerben, sondern auch das Know-how zu Wasserstoff für Arbeitgeber aus den Bereichen Nutzfahrzeuge, Energieinfrastruktur und Wasserstofferzeugung interessant ist.“
Hydrogen Concept Challenge
Seit 2023 gibt es in Kooperation mit zwei weiteren Formula-Student-Events, FS Alpe Adria (Kroatien) und FS East (Ungarn), eine Hydrogen Concept Challenge. Bei der Hydrogen Concept Challenge handelt es sich um einen Ideenwettbewerb, in dem Studierende ihre Konzepte für Formula-Student-Fahrzeuge mit einer Brennstoffzelle oder Verbrennungsmotor Experten aus der Industrie sowie Judges von FSA vorstellen. Dabei werden die Teams erstmals mit dem Thema Wasserstoff in Berührung gebracht und machen sich Gedanken über zukünftige Konzepte. Im Rahmen von Formula Student Austria nahmen bereits 2023 Teams aus Wien, Deggendorf und Stuttgart daran teil.

Alles in jugendlicher Hand
2024 konnte man zusätzlich die Formula-Student-Events in Portugal und Frankreich sowie Formula Future in Deutschland für das Thema Wasserstoff gewinnen. Gemeinsam mit den genannten Events wurde nun die Hydrogen Concept Challenge überarbeitet, um noch mehr Bezug zur tatsächlichen Konstruktion von Wasserstofffahrzeugen zu schaffen. So sollten sich die Teams über die Anordnung der Komponenten Gedanken machen, um Bauraum für die zusätzlich notwendigen Komponenten wie Tank oder Brennstoffzelle zu definieren.
Des Weiteren wurde eine Analyse gefordert, um die Auswirkungen des neuen Antriebsstrangs und des zusätzlichen Gewichts durch die schweren Hochdrucktanks auf die Rundenzeiten im Vergleich zu herkömmlichen Formula-Student-Fahrzeugen zu untersuchen. Außerdem sollten das Tanksystem und die Kühlung analysiert und eine Dimensionierung von Tank, Akku und Brennstoffzelle vorgenommen werden. Letztendlich sollten auch noch die Kosten berücksichtigt werden.
Dieses Jahr stellte das Team der FH Campus Wien ihr Konzept für die Umrüstung eines konventionellen Verbrennungsmotors auf den Betrieb mit Wasserstoff sowie für die Integration der H2-Komponenten in ein Formula-Student-Fahrzeug vor. Teams der Universität Wien sowie der Universität Karlsruhe zeigten Konzepte mit Brennstoffzellen. Auf anderen Events präsentierten sich deutsche, schweizerische und niederländische Teams.
Unterstützung aus der Wirtschaft
Als erster Partner zum Thema Wasserstoff konnte die INNIO Group gewonnen werden, ein global agierendes Unternehmen mit Hauptsitz in Tirol, ohne deren Unterstützung die Hydrogen Concept Challenge bei FSA nicht möglich wäre. Die INNIO Group als ein führender Anbieter von Energielösungen und damit verbundenen Services sowie Pionier in grünen Technologien unterstützt seine Kundinnen und Kunden dabei, sich in Richtung Net Zero zu bewegen. Das Unternehmen bringt mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Umwandlung von erneuerbaren Energieträgern mit und bietet bereits heute Motoren mit einer „Ready for H2“-Option an.
Vorgaben für 2025
Nach erfolgreichen zwei Jahren mit der Hydrogen Concept Challenge konnte im Juli 2024 die erste Version der Hydrogen Rules für 2025 veröffentlicht werden. Mithilfe von Feedback aus Industrie, von H2-Experten und interessierten Teams definiert das Regelwerk, welche Randbedingungen von den Teams eingehalten werden müssen, um Sicherheit und Fairness zu gewährleisten.
Die Fahrzeuge dürfen maximal 2 kg Wasserstoff an Bord haben. Der Wasserstoff wird bei einem Druck von bis zu 350 bar in nach den Normen zertifizierten Tanks gespeichert. Um die Sicherheit zu gewährleisten, müssen Sensoren implementiert werden, die im Fall einer Störung das Fahrzeug und insbesondere die Wasserstoffzufuhr abschalten.
„Aktuell gibt es Überlegungen, ob wir in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen Standardtanks anbieten können, um für die Teams die Kosten zu senken, die Beschaffung zu erleichtern, die Sicherheit zu erhöhen und uns weitere Optionen bei der Betankung zu ermöglichen. So wäre eventuell ein Tauschsystem denkbar, wie man es vereinfacht gesagt vom Gasgrill kennt. Laut Regelwerk sollen die Tanks innerhalb von 15 Minuten ausbaubar sein, damit eine Betankung außerhalb des Fahrzeugs möglich ist und die Teams an den Fahrzeugen mit ausgebautem Tank arbeiten können. Dadurch stellen wir sicher, dass sich keine signifikanten Wasserstoffmengen im Auto befinden, wenn sich dieses in Gebäuden, wie zum Beispiel der Boxengasse des Red Bull Rings oder der Werkstatt an der Hochschule, befindet“, sagt Paul Mayr-Harting, Gründer des Ingenieurbüros HoKiTech und bei Formula Student Austria Hauptverantwortlicher für die technische Abnahme der Rennwagen.
Um den Umstieg auf Wasserstoff zu erleichtern, dürfen die Formula-Student-Teams bestehende Verbrenner- oder Elektrofahrzeuge umrüsten. Der Fokus soll auf der Inbetriebnahme und der Implementierung eines wasserstoffbasierten Antriebsstrangs liegen. Das bedeutet, dass weder ein neues Monocoque noch ein neuer Rahmen gefertigt werden muss. Ebenso können das bestehende Fahrwerk und das Flügelpaket weiterhin genutzt werden.
Um den Gewichtsnachteil der Brennstoffzellenfahrzeuge im Vergleich zu herkömmlichen E-Fahrzeugen in der Formula Student auszugleichen, dürfen die Teams mit 100 kW anstatt 85 kW Systemleistung fahren. Bei der Auswahl und Dimensionierung der Brennstoffzelle sowie der Auslegung des Akkus haben die Teams freie Hand, wobei beim 22 Kilometer langen Ausdauerrennen mindestens die Hälfte der Energie von der Brennstoffzelle bereitgestellt werden muss.
Die wasserstoffbetriebenen Verbrennerfahrzeuge können mit Viertaktmotoren mit bis zu 1,6 Liter Hubraum ausgestattet werden. Dabei werden die meisten Teams voraussichtlich auf Motorradmotoren zurückgreifen und diese auf den Betrieb mit Wasserstoff umrüsten. Die angesaugte Luftmenge sowie die eingeblasene Menge an Wasserstoff sind nicht reglementiert. „Für bisherige Verbrenner-Teams wird es immer schwieriger, Partnerfirmen zu gewinnen. Durch den Umstieg von fossilen Brennstoffen auf Wasserstoff eröffnen wir den Teams auch neue Möglichkeiten, langjährige Sponsoren zu finden. Zusätzlich beschäftigen sie sich mit alternativen Antrieben und der Reduzierung des CO2-Fußabdrucks für eine grüne Zukunft“, erklärt Christoph Hirt, Eventmanager von Formula Student Austria.
Kooperationen und Vernetzung
Die Formula Student ist für viele Studierende ein wichtiger Teil ihres Studiums. Die gelernte Theorie wird in die Praxis umgesetzt, gleichzeitig sind die Zusammenarbeit in einem Team und Selbstorganisation gefragt. Auf den Bewerben können internationale Kontakte mit Gleichgesinnten und potenziellen Arbeitgebern geknüpft werden. Bei der Formula Student Austria sorgen ehrenamtliche Alumni von studentischen Rennteams für die professionelle Organisation und Durchführung. Wenn auch Sie und Ihr Unternehmen ein Teil von Formula Student Austria werden möchten, freuen wir uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Unsere Kontaktdaten finden Sie in der Box.
Die nächste Gelegenheit zur Mitwirkung an der Formula Student Austria ist vom 20. bis 24. Juli 2025 am Red Bull Ring in Spielberg, Österreich.
von Sven Geitmann | Jan. 29, 2025 | 2025, Deutschland, Entwicklung, Markt, Meldungen, News
B2B-Plattform Hyfindr ermöglicht weltweite Lieferantenanfragen
Mitarbeiter von Entwicklungs- und Einkaufsabteilungen sind stets auf der Suche nach passenden technischen Produkten für ihre Projekte. Ohne eine ausreichende Transparenz bezüglich der Lieferketten besteht das Risiko, dass Hersteller übersehen und nicht angefragt werden, obwohl sie passende Produkte anbieten. Das Unternehmen Hyfindr hat einen innovativen Ansatz entwickelt, um die entsprechende Geschäftsanbahnung für die weltweite H2-Industrie effizienter zu gestalten. Das neu entwickelte Lieferantenmodul auf der B2B-Plattform www.hyfindr.com ermöglicht es, alle bei Hyfindr bekannten Lieferanten aus einer Produktkategorie mit nur wenigen Klicks anzufragen. HZwei hatte die Gelegenheit, darüber mit Dr. Björn Lüssow, Geschäftsführer und Mitgründer der Firma Hyfindr aus Stuttgart, zu sprechen.
HZwei: Herr Lüssow, wir haben bereits Anfang 2023 über Hyfindr gesprochen. Wie hat sich Ihr Unternehmen und insbesondere der von Ihnen betriebene B2B-Marktplatz entwickelt?
Unsere digitale B2B-Plattform ist kontinuierlich gewachsen. Mehrere Tausend Berufsträger nutzen Hyfindr bereits jeden Tag. Vergleicht man die Herkunft der Nutzer unserer Plattform mit den Standorten der internationalen Projekte in der Industrie, so kann man eindeutig erkennen, dass Hyfindr dort genutzt wird, wo aktuell global die Wasserstoffindustrie stattfindet. Darüber freuen wir uns sehr. Berufsträger schätzen es, dass technische Produkte und Dienstleistungen bei uns hochwertig dargestellt und leicht gefunden werden können. Unser Team ist ebenfalls gewachsen; dies hat den Umzug in ein größeres Büro zur Folge gehabt. Zudem haben wir strategische Investoren an Bord geholt, die unsere Mission unterstützen. Abschließend etablieren wir gerade ein internationales Partnernetzwerk, um vor Ort in relevanten Märkten unsere Kunden unterstützen zu können. Uns alle treibt an, mit der B2B-Plattform Hyfindr für mehr Transparenz in der Wasserstoffindustrie zu sorgen und digitale Geschäftsprozesse anzubieten, damit diese wichtige Industrie weltweit schneller und besser wächst.
Was ist das Ziel des neuen Lieferantenmoduls und welche Vorteile bietet es?
Das Lieferantenmodul soll die Beschaffungsprozesse für technische Produkte in der Wasserstoffindustrie radikal vereinfachen. Aufgrund der mangelnden Transparenz über die technische Lieferkette fangen die Probleme bereits bei der Frage an: Wer liefert eigentlich was? Wir haben in den vergangenen Jahren hinter den Kulissen kontinuierlich eine hochwertige Datenbank aufgebaut, aus der man erkennen kann, welche Unternehmen weltweit welche Produktkategorien abdecken können. Tausende Lieferanten sind darin hinterlegt – und dies nur für die Wasserstoffindustrie. Diesen Datenschatz möchten wir jetzt auf intelligente Weise den Berufsträgern zur Verfügung stellen. Mit dem neunen Lieferantenmodul auf unserer B2B-Plattform können Nutzer mit nur wenigen Klicks alle relevanten Lieferanten in einer Kategorie ansprechen, ohne jeden einzelnen Lieferanten selbst recherchieren und kontaktieren zu müssen. Auch für die Lieferanten bietet dies Vorteile. Sie werden über Geschäftsanfragen in einer Kategorie effizient informiert und können potenzielle Kunden über effiziente Workflows kontaktieren. Das spart viel Zeit für beide Seiten und sorgt dafür, dass keine potenziellen Anbieter übersehen werden.
Woher stammen die Lieferantendaten und wie stellen Sie deren Qualität sicher?
Unsere Lieferantendaten stammen aus verschiedenen Quellen: von den Unternehmen selbst, aus öffentlich zugänglichen Daten und über unsere Zusammenarbeit mit Branchenexperten. Wir setzen auf regelmäßige Updates und einen klaren Qualitätsprozess, bei dem wir die Unternehmensdaten validieren, um sicherzustellen, dass alle Informationen aktuell und korrekt sind.
Wie läuft eine Anfrage über das neue Lieferantenmodul genau ab?
Der Nutzer gibt über ein Formular an, welche Komponente oder Dienstleistung er benötigt, zum Beispiel einen Luftkompressor für ein Brennstoffzellensystem. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass möglichst klar und ausführlich erläutert wird, was genau benötigt wird und wofür. Es geht also nur um ernst gemeinte Geschäftsanbahnungen zwischen Unternehmen. Der Nutzer kann zudem wählen, aus welchen Ländern er Lieferanten anfragen möchte. Die in der jeweiligen Produktkategorie bei uns bekannten Lieferanten werden angezeigt und können ausgewählt werden. Mit einigen wenigen Klicks kann der Anfragende so genau die Reichweite seiner Anfrage selbst bestimmen. Nach dem Absenden der Anfrage prüfen wir mit unserem Team sodann kurz, ob es sich um eine seriöse Anfrage handelt. Ist dies der Fall, leitet unsere B2B-Plattform die Anfrage automatisch an alle ausgewählten Lieferanten weiter. Sofern die angesprochenen Unternehmen noch kein Benutzerkonto bei Hyfindr haben, können sie ein solches leicht einrichten, um auf die Anfrage zu reagieren und ein Angebot zu unterbreiten. Der gesamte Prozess ist unkompliziert und transparent.
Welche Vorteile haben Lieferanten, die über Hyfindr Anfragen erhalten?
Lieferanten profitieren von einer direkten und qualifizierten Ansprache durch potenzielle Kunden. Sie erhalten relevante Anfragen aus ihrer Zielgruppe, ohne aktiv nach neuen Projekten suchen zu müssen. Das erhöht die Effizienz ihrer Vertriebsprozesse und erschließt neue Geschäftsmöglichkeiten. Heutzutage gilt insbesondere bei der Geschäftsanbahnung der Grundsatz Digital First. Unternehmen sollten auf allen relevanten Geschäftskanälen vertreten sein. Aufgrund der deutlich gewachsenen Bedeutung unserer B2B-Plattform ist eine Registrierung als Lieferant bei Hyfindr sicherlich nicht von Nachteil.
Ist die Nutzung des Lieferantenmoduls kostenfrei?
Unternehmen, die das neue Lieferantenmodul nutzen wollen, können dieses mehrere Male kostenfrei testen. Dies gilt sowohl auf der Seite des Anfragenden als auch aufseiten des Lieferanten. Aktuell haben wir es so eingerichtet, dass drei Anfragen in Kategorien kostenlos sind, ebenso sind drei Antworten auf Anfragen kostenlos für Lieferanten. Im Anschluss wird für die Unternehmen eine jährliche Gebühr fällig. Diese fällt unseres Erachtens allerdings vor dem Hintergrund der Effizienzsteigerung, die ganze R&D-, Einkaufs- oder Vertriebsabteilungen durch unser neues Modul erzielen können, nicht wirklich ins Gewicht. Für Unternehmen, die auf unserem B2B-Marktplatz bereits ihr Produktportfolio zeigen, entstehen keine zusätzlichen Kosten.
Wie können Lieferanten, die noch nicht in Ihrer Datenbank sind, Teil von Hyfindr werden?
Das ist ganz einfach: Lieferanten können sich direkt auf unserer Plattform registrieren. Die Einrichtung eines solchen Benutzerkontos für das jeweilige Unternehmen erzeugt erst einmal gar keine Kosten. Anschließend kann das Unternehmen sodann aus einer Palette von digitalen Dienstleistungen die für sie passenden Geschäftsprozesse auswählen. Gerne beraten wir die entsprechenden Unternehmen auch persönlich.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Nutzern, sowohl auf der Einkäufer- als auch auf der Lieferantenseite?
Das Lieferantenmodul ist erst seit sehr kurzem verfügbar, sodass noch keine wirklich belastbaren Erkenntnisse vorliegen. Die Resonanz von Berufsträgern, denen wir das Produkt auf Messen vorab gezeigt haben, war sehr positiv. Mit dem Lieferantenmodul wollen wir jetzt unseren Datenschatz der Wasserstoffindustrie zugänglich machen, auch wenn noch nicht alle Funktionalitäten gleich beim Launch an den Start gebracht wurden. Ich würde mich sehr freuen, wenn Unternehmen das Lieferantenmodul testen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es am Markt sehr gut aufgenommen wird.
In welche Richtung entwickelt sich Hyfindr? Ist es auf dem Weg zum „Amazon der Wasserstoffindustrie“ zu werden?
Der Vergleich kommt öfter, aber wir sehen uns eher als spezialisierte B2B-Plattform, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Anforderungen der Wasserstoffindustrie möglichst gut abzubilden und auch innovative Geschäftspraktiken anzubieten; ein Beispiel für innovative Geschäftsprozesse ist das neue Lieferantenmodul.

Dr. Björn Lüssow (l.) und Steven Oji mit dem Hyfindr-Team in Stuttgart-Degerloch
Welche Rolle spielt der YouTube-Kanal von Hyfindr in Ihrer Strategie?
Unser YouTube-Kanal liegt uns sehr am Herzen und ist integraler Bestandteil unserer Strategie. Mit unseren Tech-Videos möchten wir Wissen teilen und die Community stärken. Wir veröffentlichen regelmäßig Videos zur Technik, innovativen Produkten und praktischen Anwendungsfällen. Mein Mitgründer Steven Oji führt detaillierte Fachgespräche. So erreichen wir Interessierte und Berufsträger, die sich weiterbilden oder inspirieren lassen möchten, gleichermaßen. Auch die Unternehmen, die sich in den Hyfindr-Videos präsentieren, haben Vorteile: Sie können ihren potenziellen Kunden ihre Kompetenz vermitteln. Wir freuen uns sehr, dass unser YouTube-Kanal stark wächst. Weitere innovative Formate sind zudem geplant.
An welchen Innovationen für Ihre Plattform arbeiten Sie gerade?
Aktuell machen wir unsere B2B-Plattform noch benutzerfreundlicher. Zudem sind wir seit einiger Zeit stark in dem Thema Künstliche Intelligenz engagiert. Ein KI-Assistent unterstützt bereits jetzt registrierte Lieferanten bei der Nutzung von Hyfindr. Wir verfolgen aber noch viel anspruchsvollere Ziele. Ich bin schon selbst sehr gespannt, wie die Wasserstoffindustrie auf unsere Innovationen im Jahr 2025 reagieren wird. Es geht uns hierbei nicht um eine Technikverliebtheit. Wir sind vielmehr davon überzeugt, dass wir den Kundennutzen von Hyfindr mit unseren IT-Innovationen weiter erhöhen können. Unser Ziel ist es, Hyfindr weltweit zur zentralen Anlaufstelle für Berufsträger in der Wasserstoffindustrie zu machen, sofern sie etwas suchen und Geschäfte effizient anbahnen und durchführen möchten.
Vielen Dank für das Gespräch und die Einblicke in Hyfindr.
Interviewpartner: Dr. Björn Lüssow
von Stephan Lederer | Jan. 28, 2025 | 2025, Energiewirtschaft, Entwicklung, Meldungen, News, Sicherheit, Wasserstoffwirtschaft
Ertüchtigung der Gasinfrastruktur
Damit Wasserstoff als wichtiger Bestandteil der Energiewende in Deutschland flächendeckend in Industrie, Mobilität und Energieversorgung eingesetzt werden kann, müssen neue Leitungen gebaut und zudem bestehende Erdgaspipelines für den Wasserstofftransport ertüchtigt werden. Das kann herausfordernd sein, da Wasserstoff explosiv ist und die Materialien der Leitungen angreift. Eine fachmännische Werkstoffprüfung schafft hier die nötige Sicherheit.
Die Bundesregierung setzt mit der nationalen Wasserstoffstrategie auf Wasserstoff als alternativen Energieträger für Industrie, Mobilität und Energieversorgung. H2 ist eine vielversprechende Lösung zur Unterstützung der Energiewende: Wasserstoff hat vielseitige Anwendungsmöglichkeiten, sei es in der Stromerzeugung, beim Betrieb von Brennstoffzellen für Mobilitätsanwendungen, in der Industrie oder der Heiz- und Wärmetechnik. Dadurch bringt Wasserstoff ein großes Potenzial zur Emissionsreduktion mit, Nachhaltigkeit entsteht durch den Einsatz von grünem Wasserstoff. H2 kann zudem als Langzeitspeicher dienen, da er oder seine Derivate eine bessere Speicherfähigkeit als Strom besitzen.
Für all diese Anwendungsbereiche muss Wasserstoff als Gas oder in flüssiger Form transportiert werden: in Pipelines als Rückgrat einer H2-Infrastruktur oder in Tanks auf der Straße, der Schiene oder auf See. Hierbei die nötige Sicherheit zu gewährleisten, stellt allerdings eine technische Herausforderung dar, denn Wasserstoff ist hochentzündlich und hat einen weiten Explosionsbereich. Leckagen müssen deswegen unbedingt vermieden werden, Materialien und Leitungen dicht und H2-beständig sein.
Wasserstoff kann Leitungswerkstoffe beeinträchtigen
Dies ist anspruchsvoll, da Wasserstoff mit anderen Materialien reagiert und deren Eigenschaften beeinflusst: Es kann zur Wasserstoffversprödung (engl. Hydrogen Embrittlement, HE) kommen, wenn Wasserstoffatome in Metalle eindringen: H-Atome diffundieren in die Metallstruktur und lagern sich an Gitterfehlern wie Korngrenzen, Versetzungen oder Hohlräumen an. Das vermindert die Festigkeit und die Duktilität des Metalls, also dessen Eigenschaft, sich unter Belastung plastisch zu verformen, bevor es versagt. Es wird damit unter Belastung anfälliger für Risse und Brüche.
Besonders betroffen sind hochfeste Stähle und Legierungen (Zugfestigkeit: Rm > 1.000 MPa) sowie Schweißnähte. Bei wiederholter mechanischer Belastung, etwa Druckstößen, wie sie im Betrieb von Rohrleitungen auftreten, können sich dadurch Risse schneller ausbreiten. Außerdem sind thermisch-mechanische Effekte zu beobachten: Bei höheren Temperaturen können Wasserstoffatome schneller und tiefer in das Metall eindringen, und es kann, abhängig vom Werkstoff, als ein weiterer Schädigungsmechanismus der sogenannte HTHA (High temperature hydrogen attack) zum Tragen kommen.
Bei höherem Druck steigt die Menge an Wasserstoff, die in das Metall eindringen kann. In feuchten Umgebungen können wiederum Wasserstoff und Wasser zusammenwirken und korrosive Angriffe beschleunigen. Wechselnde Temperaturen und Drücke sind dann weitere Herausforderungen.
Die Folge dieser Effekte ist eine reduzierte Lebensdauer der Transportleitungen: Das Material ermüdet schneller, Risse können entstehen und es kann zum vorzeitigen Materialversagen kommen. Das macht häufigere Wartungen, Inspektionen und den Austausch von Teilen der Anlagen notwendig, was zu Stillstandszeiten führt. Hinzu kommen Sicherheitsrisiken wie Leckagen und Explosionsgefahr.
Erdgaspipelines für den H2-Transport?
Geplant wird schon seit einiger Zeit, bestehende Erdgaspipelines für den Transport von Wasserstoff umzuwidmen. Aktuell werden in Teilen Deutschlands dem Erdgas zehn Prozent Wasserstoff beigemischt. Die Umstellung auf 100 Prozent Wasserstoff wird in Pilotprojekten derzeit erprobt. Viele der Werkstoffe der verlegten Erdgaspipelines sind grundsätzlich auch für den Wasserstofftransport geeignet. Allerdings muss auf Kompatibilität geachtet werden, weswegen eine Werkstoffprüfung unerlässlich ist, das heißt, das Material muss auf Wasserstoffversprödung und auf seine Eignung hin geprüft werden.
Zum anderen besteht bei Wasserstoff, dessen Moleküle kleiner sind als jene von Methan, eine erhöhte Diffusion durch Dichtungen und damit ein höheres Risiko von Leckagen, was zum Teil einen Austausch von Dichtungen und Ventilen erforderlich macht. Außerdem sind bessere Überwachungs- und Kontrollsysteme zur (frühzeitigen) Leckage- und Lageerkennung notwendig.
Einfluss des H2-Drucks auf die Infrastruktur messen
Wie sich Wasserstoff auf die Werkstoffe der Infrastruktur auswirkt, wird bei den Werkstoffprüfungen durch eine Kombination aus Laborprüfungen, Mikrostrukturanalysen, Simulationen und Langzeitfeldversuchen untersucht: Bei Zugversuchen werden Werkstoffproben zum Beispiel unter verschiedenen H2-Druckbedingungen belastet, um Festigkeit, Duktilität und Bruchverhalten zu messen. Kerbschlagbiegeversuche bewerten die Zähigkeit des Materials und seine Fähigkeit, Energie zu absorbieren, bevor es bricht, denn Wasserstoff kann die Kerbzähigkeit erheblich verringern.
Bei Druck- und Ermüdungstests werden Materialien zyklischen und unterschiedlichen Druckbedingungen ausgesetzt, um ihre Ermüdungsfestigkeit und ihr Verhalten unter wiederholter Belastung zu untersuchen. Weitere Erkenntnisse über Materialverhalten und -zuverlässigkeit lassen sich darüber hinaus aus Erfahrungsberichten und Datenanalysen von bestehenden Wasserstoffinfrastrukturen gewinnen.
Zusätzliche Faktoren, die für die Bewertung der Eignung von Werkstoffen für Wasserstoffpipelines relevant sind, sind auch Bruchzähigkeit und Risswachstumsverhalten. Sie lassen Rückschlüsse auf Sicherheit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Pipeline zu: Die Bruchzähigkeit gibt an, wie gut ein Material der Ausbreitung eines Risses widerstehen kann bzw. definiert den geringsten Wert, den ein Material aufweisen muss, um als sicher für den Einsatz zu gelten. Die Prüfungen erlauben präzise Lebensdauerprognosen und durch die Auswahl geeigneter Materialien längere Betriebszeiten.
Die Qualität der Schweißnähte der Pipelines wird durch visuelle Inspektionen, zerstörungsfreie und zerstörende Prüfungen wie die bruchmechanische Analyse ermittelt. Internationale Normen und Standards wie ASME B31.12 und ISO 11114 sowie weitere bieten Leitlinien und Mindestwerte, die die Materialien erfüllen müssen. Die Mindestbruchzähigkeit liegt zum Beispiel typischerweise im Bereich von 50 bis 100 MPam1/2.
Da noch Regelungslücken, vor allem in der nationalen und europäischen Normung, bestehen, hat das DIN die Normungsroadmap Wasserstoff initiiert. Hier werden beispielsweise aktuell mit der DIN EN 13445-15 und DIN EN 13480-11 Zusatzanforderungen für Druckbehälter und Rohrleitungen für Wasserstoffanwendungen erarbeitet.
Prüfung durch akkreditierte Prüfbetriebe
Werkstoffprüfungen sollten von einem akkreditierten Labor vorgenommen werden, um den hohen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen zu entsprechen. TÜV Hessen bietet als zugelassener Prüfbetrieb für die Werkstoffprüfung zum Beispiel umfassende Prüf- und Zertifizierungsdienste samt zerstörungsfreien und zerstörenden Prüfungen sowie Spezialprüfungen wie die H2-Qualifizierung an. Die Akkreditierung nach ISO/IEC 17025 bescheinigt, dass der Betrieb die Anforderungen eines international anerkannten Standards für die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien erfüllt. Die DIN EN ISO/IEC 17025 ist der weltweit gültige Standard für die Laborakkreditierung im Bereich Prüfen und Kalibrieren: Sie definiert allgemeine Anforderungen an Kompetenz, Neutralität und Arbeitsweise. Ein zugelassenes Prüflaboratorium bringt die notwendige Fachkompetenz durch technische Expertise und Erfahrung mit und gewährleistet Unabhängigkeit und Objektivität und die Einhaltung internationaler Standards und damit die Konformität. Für Unternehmen bedeutet das eine erhöhte Sicherheit, Risikominderung sowie langfristige Kostenersparnisse.
Fazit
Um Erdgaspipelines für den Transport von Wasserstoff zu ertüchtigen, muss eine Werkstoffprüfung des Materials erfolgen. Denn Wasserstoffversprödung, die durch den Betrieb mit H2 entstehen kann, führt zu vorzeitiger Materialermüdung und kann die Sicherheit beeinträchtigen. Die notwendigen Prüfungen und Versuche werden zuverlässig von akkreditierten Prüflabors durchgeführt.
Autor: Dr. Stephan Lederer, TÜV Hessen, Darmstadt